Mehr als 15 Jahre nach dem positiven Restitutionsanspruch eines alteingesessenen ostdeutschen Unternehmens hat der Bundesfinanzhof die steuerlichen Weichen zu dessen Gunsten gestellt. Mit Urteil (Az.: I R 61/04) hob der BFH ein Urteil des Sächsischen Finanzgerichts auf und gab damit der hiesigen Revision statt.

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts habe der von uns vertretene Unternehmer kein zu versteuerndes Einkommen von ca. 9.900.000 DM, sondern (bedingt durch Verluste aus Vermietung und Verpachtung) sogar ein negatives Einkommen von ca. -890.000 DM. Die steuerlichen Auswirkungen sind gewaltig. Was war geschehen?

Im Juni 1991 hatte das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (LARoV) festgestellt, dass den Erben einer großen Seifenfabrik infolge Enteignung und Verstaatlichung des Unternehmens Restitutionsansprüche zustehen. Mit Abtretungsverträgen aus dem Jahr 1992 hatten die Erben gegen Zahlung von 1,8 Mio. DM sämtliche (nichtgarantierte) vermögensrechtliche Ansprüche an den Mandanten abgetreten. Im Juni 1992 erfolgte über die Treuhandanstalt die Übertragung des Unternehmens an ihn. Zu diesem Stichtag erstellte er eine Eröffnungsbilanz und bewertete die rückübertragenen Wirtschaftsgüter nach dem sog. DM-Bilanzgesetz mit dem Zeitwert, den Grund und Boden mit dem Verkehrswert. Auf deren Grundlage und mit dem Jahresabschluss 1992 erklärte er Verluste aus seinem Gewerbebetrieb. Die Einkommensteuer wurde mit 0 DM festgesetzt.

Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt später nun die Auffassung, dass eigentlich kein Restitutionsfall vorläge, sondern wegen des entgeltlichen Erwerbs der Rückübertragungsansprüche ein ganz normaler Anschaffungsvorgang. Nach den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften müsste also mit den Anschaffungskosten bewertet werden und nicht mit dem viel niedrigeren Zeit- bzw. Verkehrswert.

Nach Einspruch und Klage gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid kam das Sächsische Finanzgericht sogar zu der Auffassung, dass schon der Erwerb des Rückübertragungsanspruches eine gewerbliche Tätigkeit des Mandanten darstelle und er mithin auch die einzeln errechneten, realen Werte aller rückübertragenen Vermögensgegenstände gewinnerhöhend berücksichtigen müsse, immerhin ca. 13 Mio. DM!

Die hiergegen gerichtete Revision hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof hob das Urteil gleich aus mehreren Gründen auf. Zum einen sei ein Wechsel in der Person des Restitutionsberechtigten auch durch Abtretung des Rückübertragungsanspruches möglich, was dennoch keine Anschaffung im handelsrechtlichen Sinne bedeuten würde. Zum anderen habe eine gewerbliche Tätigkeit zum Zeitpunkt der Abtretung deswegen nicht vorgelegen, weil es damals noch an einer nachhaltigen gewerblichen Betätigung und einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gefehlt habe. Insgesamt müsse auf die gesetzgeberische Intention abgestellt werden, wonach die rein zahlenmäßige Veränderung im Vermögen von Unternehmen hier keinen zu besteuernden erfolgswirksamen Vorgang darstellen solle. Das Einkommen soll besteuert werden, nicht das Vermögen.