Selten hat ein Fall die lokalen Gemüter so erhitzt, wie der „Angriff auf den Elberadweg“ im Mai 2015. Was war geschehen?

Eine Investorin hatte nach jahrelangem Kampf mit den Dresdner Behörden Fakten geschaffen und – begleitet von großem medialen Interesse – denjenigen Teil des Elberadweges wegbaggern lassen, der über ihr Grundstück führte. Das glaubte sie zumindest, bemerkte aber schon kurz nach der Aktion, dass sie ein falsches Stück erwischt hatte. Es hagelte Strafanzeigen: Sachbeschädigung und gemeinschädliche Sachbeschädigung, Zerstörung von Bauwerken, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr. Die Landeshauptstadt ließ noch Bußgeldvorwürfe folgen. Verstoßen worden sei gegen das Abfallrecht (Ablagerung von aufgebrochenem Bitumen auf den Elbwiesen) und das Naturschutzrecht (Aufreißen eines Weges im Landschaftsschutzgebiet). Auch sei mit den Elbwiesen ein Flora-Fauna-Habitat und ein europäisches Vogelschutzgebiet betroffen. Es handele sich schließlich um den Lebensraum der „Grünen Keiljungfer“.

Der Fall hatte zuvor schon die Dresdner Bürger entzweit, ging es doch um wirtschaftliche Interessen, ein Klima den Investorenfeindlichkeit und Rechtsunsicherheit in Dresden, das sensible Thema Hochwasserschutz und geänderte politische Mehrheiten im Dresdner Rathaus. Ein Drama wie aus dem Bilderbuch. Das Finale furioso wurde ein Fall für die Strafjustiz und den Verteidiger RA Andrej Klein.

Die wesentliche Weichenstellung war zunächst der fehlende Vorsatz unserer Mandantin. Sie hatte schlicht das falsche Stück in dem Glauben wegbaggern lassen, es sei ihr eigenes. Sie wollte also eine fremde Sache – so der Jurist – gar nicht zerstören. Der Vorwurf der Sachbeschädigung und der Zerstörung von Bauwerken war vom Tisch. Eine gemeinschädliche Sachbeschädigung kann man hingegen auch an einem eigenen Weg begehen, sofern dieser für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Beim Elberadweg hatte sich die Stadt vertraglich verpflichtet, nach Beendigung des Gestattungsvertrages (zur öffentlichen Nutzung) die genutzte Fläche innerhalb von zwei Monaten in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Die Mandantin hatte den Vertrag gekündigt. Weitere zwei Monate später gab es den Weg immer noch. Sie glaubte nunmehr – bestärkt durch verwaltungsrechtliche Expertise – zur Beseitigung des Weges selbst berechtigt zu sein. Die Juristen nennen so etwas einen unvermeidbaren Verbotsirrtum. Ein schuldhaftes Handeln lag nicht vor.

Auch die Ordnungswidrigkeiten lösten sich in juristische Luft auf. Für eine illegale Abfallablagerung war der Zeitraum zu kurz. Der Naturschutz war ebenfalls nicht betroffen. Immerhin hatte die Mandantin eine betonierte Verkehrsanlage zurückbauen lassen. Eine solche „Renaturierung“ kann aber nicht gegen Zwecke des Landschaftsschutzes verstoßen. Auch die Vögel hätten sich über die künftige Ruhe ohne Radfahrer gefreut.

Sämtliche Vorwürfe wurden gegen Zahlung einer Geldauflage von insgesamt 450 EUR an eine gemeinnützige Organisation fallen gelassen (StA Dresden, Az.: 207 Js 23261/15).