Kann es in einem überregulierten Land wie Deutschland möglich sein, vierzehn (!) Kraftwerke über Jahre hinweg illegal zu betreiben? Unerlaubtes Betreiben von Anlagen, § 327 StGB?

Ein strafrechtlicher Vorwurf mit Seltenheitswert für den Verteidiger RA Andrej Klein; ein ernster Vorwurf für den Mandanten, war er doch verbunden mit dem Antrag des Staatsanwalts, die erzielte Einspeisevergütung von über 1,5 Mio € abzuschöpfen – das drohende wirtschaftliche Aus für sich, seine Familie und sein Unternehmen.

Dem Mandanten, einem pfälzischen Landwirt, war vorgeworfen worden, über Jahre hinweg sog. Blockheizkraftwerke ohne die dafür erforderliche Genehmigung betrieben zu haben. Strafbar mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, § 327 StGB. Sein erzielter Umsatz war auf den Cent genau dokumentiert – der regionale Energieversorger hatte ihm eine Einspeisevergütung von über 1,5 Mio € gezahlt. Abschöpfbar als zu Unrecht Erlangtes, § 73 StGB. Was war geschehen?

Erneuerbare Energien. Mit der Förderung der Energiegewinnung aus erneuerbaren Rohstoffen hatte der Gesetzgeber zunächst einen hehren umweltpolitischen Zweck verfolgt. Durch finanzielle Anreize, insbesondere eine zusätzliche Einspeisevergütung von 6 Cent pro Kilowattstunde, wurden private Investoren motiviert, eigene kleine Blockheizkraftwerke zu betreiben. Auf diese Weise konnte das ökologische Gewissen befriedigt werden; man ging von einer Laufzeit von 20 Jahren aus. Genug

Vertrauensschutz, sodass sich viele Landwirte solche Anlagen anschafften und hierfür enorme finanzielle Belastungen auf sich nahmen. Auch der Mandant schloss millionenschwere Verträge mit Leasingfirmen (für die Aggregate) und Lieferanten (des Brennstoffes) – Palmöl.

Umso härter traf ihn die Neufassung des EEG im Jahre 2009, als nämlich der Gesetzgeber gemerkt hatte, dass zur Rohstoffgewinnung von Palmöl ganze Regenwälder gerodet und Biokraftstoffe gepflanzt wurden. Der Einspeisebonus wurde gekippt, die Preise für Palmöl stiegen an, die Gewinnmarge wurde aufgezehrt. Auch der Anlagenbegriff im Sinne des EEG wurde geändert. Und plötzlich stand der Mandant als krimineller Kraftwerksbetreiber da.

Um hier eine Einstellung des Strafverfahrens und einen Verzicht auf die Verfallsforderung von 1,5 Mio € zu erreichen, bedurfte es eines weiten Ausfluges in die Feinheiten des deutschen Immissionsschutzrechtes, in das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) ebenso wie in die Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immisionsschutzgesetzes (4. BImSchV). Es ging um Begriffe wie Feuerungswärmeleistung, den Begriff einer Anlage im Sinne des Gesetzes sowie u.a. die Unterscheidung einer Verbrennungseinrichtung von einer Verbrennungsmotoranlage.

Und die „Moral von der Geschicht“? Ein Paragraphenreiter muss nicht immer ein Schimpfwort sein. Manchmal nützt es was.