Eine kontroverse Diskussion prägte die Revisionsverhandlung vor dem 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes in Leipzig (BGH Az.: 5 StR 271/04). Der BGH hatte über den sog. Dresdner Goldhändlerfall zu urteilen, bei dem im Januar 2004 zwei Bundesbeamte, die „nebenberuflich“ mit Goldbarren handelten, vom Landgericht Dresden u.a. wegen gewerbsmäßiger Steuerhinterziehung von ca. 3 Mio. € zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 5 Monaten verurteilt worden waren.

Hauptdiskussionspunkt war die Frage einer möglichen Verfassungswidrigkeit des damals neuen § 370a der Abgabenordnung, auf dem die Verurteilung nicht unwesentlich beruhte. Der BGH hatte bereits in zwei vorangegangenen Entscheidungen deutliche Zweifel an der Bestimmtheit der neuen Verbrechensnorm geäußert, weil u.a. der unbestimmte Rechtsbegriff eines „großen Ausmaßes“ das Vergehen der einfachen Steuerhinterziehung zu einem Verbrechen der gewerbsmäßigen Steuerhinterziehung mache. Dies jedoch ist zu ungenau, weil für den einen ein großes Ausmaß ist, was für den anderen noch „Peanuts“ sind. Das Problem war bis dahin noch nicht dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt worden, weil es in den Urteilen jeweils andere Rechtsfehler gab, die bereits zu einer Rückverweisung an die Ausgangsgerichte führten. Eine Vorlage zum BVerfG wäre jedoch nur möglich, wenn es entscheidungserheblich auf die vermeintlich verfassungswidrige Norm ankäme.

Der die Anklage vertretende Bundesanwalt Dr. Schneider hatte aus seiner Auffassung keinen Hehl gemacht, wonach die rechtspolitische Diskussion um diesen Paragraphen noch keine Verfassungswidrigkeit begründe und die Revision mithin zu verwerfen sei. Anders der Verteidiger RA Andrej Klein und letztlich auch der BGH, der das Urteil des LG Dresden insbesondere im Umfang der Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Steuerhinterziehung aufhob und die Sache zur Entscheidung als „normale“ Steuerhinterziehung zurückverwies. Auch hier wies das Urteil nach Auffassung des BGH weitere rechtliche Fehler auf, die es mangels Entscheidungserheblichkeit nicht erlauben würden, die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Insbesondere der Umstand, wonach das eigentliche Tatunrecht, nämlich das Nichtabführen der Umsatzsteuer, zu einem Zeitpunkt geschah, als es den neuen Verbrechenstatbestand noch gar nicht gab, müsse hier zu einer anderen Beurteilung führen, als sie durch das Landgericht vorgenommen wurde.