Der Mandant war in einem Museum lange Jahre Fachgebietsleiter Militärtechnik und gleichzeitig ein durch zahlreiche Fachpublikationen ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Militärtechnik. In seiner Funktion soll er im Jahre 1999 eine schwere Untreue in zwei Fällen – so die Staatsanwaltschaft – begangen haben.

Schwere Untreue deswegen, weil er zum Zeitpunkt der angeblichen Tat als Beamter Amtsträger war und in dieser Stellung gehandelt habe. Für einen solchen Vorwurf sieht das Gesetz eine Mindeststrafe von 6 Monaten Freiheitsstrafe pro Tat vor. Dem Mandanten drohte ab einer Strafe von 1 Jahr der Verlust seines Beamtenstatus` und seiner Versorgungsbezüge. Worum ging es?

Das Museum war seit Jahrzehnten bemüht, den eigenen Museumsbestand aus wissenschaftlichen und historischen Gründen mit seltenen oder spektakulären Exponaten zu ergänzen. Wie überall gibt es dafür aber faktisch kaum Geld. Eigene Exponate sollen nach der Geschäftsordnung nicht verkauft werden und wenn doch, muss der Erlös nach der Haushaltsordnung in einen anderen Etat einfließen. Geld für neue Sachen gab und gibt es praktisch kaum. Und so praktizierte die Museumsleitung, unterstützt durch eine offizielle Sammlungskommission, in durchaus kreativer Weise sogenannte “Ringtausch-Geschäfte”. Das ist seit Jahrzehnten gelebte und von allen Entscheidungsträgern abgesegnete Praxis
– bis eine Innenrevision 2002 Unregelmäßigkeiten feststellte, die sächsische Anti-Korruptionseinheit INES hierin gar kriminelles Tun entdeckte, mehrere Jahre ermittelte und dann schließlich gegen den Mandanten als einzigen Anklage erhob.

Die Tauschvorgänge muss man sich in etwa dergestalt vorstellen, das überzählige Exponate des Museums gegen Ausstellungsstücke Dritter eingetauscht werden. Man hat z. B. im Depot fünf russische T 34-Panzer, braucht in der Ausstellung aber eigentlich nur einen. Ein Museum in der Schweiz hat seinerseits ein paar überzählige „Westpanzer“, aber eben keinen russischen. Und da liegt es nahe zu tauschen, wenn denn die Werte in etwa vergleichbar sind. Es war aber auch nicht unüblich, statt unmittelbar mit einem Vertragspartner zu tauschen auch weitere Beteiligte einzubeziehen, also sog. Kettentausch – bzw. Ringtauschgeschäfte.

Im konkreten Fall ging es zum einen um den geplanten Erwerb einer sog. V2-Lehrtafel aus russischen Beständen. Im Krieg hatten die Sowjets eine solche Original-Schautafel von Wernher von Braun über die deutsche Wunderwaffe als Beute mitgehen lassen (es gibt ein Foto, auf dem von Braun an dieser Tafel Hitler die Funktionsweise der V2 erklärt). Die Tafel wurde dem Museum aus Russland zum Kauf angeboten. Da das Museum aber kein Geld hat, wurde auch hier versucht, wertgleich zu tauschen. Tatsächlich hat man aber nicht getauscht, sondern überzählige Exponate veräußert, um das von den russischen Vertragspartnern geforderte Bargeld zusammenzutragen. Für den Erlös legte der Chef des Museumsfördervereines ein Konto an, um das Geld dort zu „parken“, bis man zum Kauf der Lehrtafel genug Geld hatte. Hierin liegt nun der strafrechtliche Vorwurf gegen den Mandanten. Das Geld sei dem Museum zumindest zwischenzeitlich entzogen worden. Das Vermögen sei zumindest gefährdet gewesen, weil es auf einem Privatkonto gelegen habe.

Die Verteidigung durch Herrn RA Andrej Klein thematisierte vor allem die Kenntnis und Absegnung durch die Museumsleitung, das Fehlen jeglicher Vorschriften über den Umgang mit solchen Erwerbsvorgängen, aber eben auch die Frage des Vorsatzes, also des sog. subjektiven Tatbestandes. Der Gefährdungsschaden bei der Untreue (es ist tatsächlich niemals ein Schaden entstanden) ist sehr unbestimmt. Spätestens nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes gegen Manfred Kanther (schwarze Kassen der CDU) waren jedoch die Voraussetzungen für einen Vorsatznachweis deutlich nach oben geschraubt worden. Ein billigendes Inkaufnehmen einer Gefährdung reicht nicht mehr aus. Der Täter muss die Gefahr kennen, sie billigen und sich mit ihr abfinden. Dies letztlich hat das Gericht verneint und den Mandanten erstinstanzlich freigesprochen. Den Nachweis des billigenden Inkaufnehmens eines potentiell möglichen Schadens habe die Staatsanwaltschaft nicht führen können.

Der Angeklagte habe nach Einschätzung aller Zeugen immer zum Wohle des Museums gehandelt. Seine Vorgehensweise, Geld aus Exponatverkäufen auf einem Treuhandkonto vom Schatzmeister des Fördervereines verwalten zu lassen, um es dann für den Ankauf der V2-Tafel ausgeben zu können, sei zudem von der Museumsleitung geduldet, wenn nicht sogar ausdrücklich befürwortet worden.