Ein vietnamesischer Mandant hatte im Jahre 2005 die Vaterschaft für ein deutsches Mädchen anerkannt. Als Vater eines deutschen Kindes erhielt er eine Aufenthaltserlaubnis und regelmäßig entsprechende Verlängerungen. Im Mai 2011 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen des Vorwurfs diverser Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz. Der Mandant wurde beschuldigt, unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht zu haben.

Die Staatsanwaltschaft stellte hier auf die bewusste Täuschung der Ausländerbehörde über die Vaterschaft ab, allein mit dem Ziel, sich einen Aufenthaltstitel zu erschleichen. Auslöser war ein größeres Strafverfahren gegen eine Vietnamesin in Dresden, die gegen viel Geld Vaterschaften und damit die Möglichkeit ausländerrechtlicher Aufenthaltstitel vermittelt hatte.

Im jetzigen Strafverfahren war nie streitig, dass es dem Mandanten ursprünglich darum ging, mit der Anerkennung einer Vaterschaft in Deutschland bleiben zu dürfen. Interessant war jedoch sowohl die tatsächliche als auch die rechtliche Entwicklung:

Der Mandant begann, sich regelmäßig um seine Tochter zu kümmern. Er betreute sie, wenn die Kindesmutter es nicht konnte. Er bezahlte monatlich den Unterhalt. Familienfeiern und Ausflüge wurden gemeinsam unternommen. Seine Tochter glaubt bis heute, dass es sich um ihren leiblichen Vater handelt. Sie nennt ihn Papa. Er tut für sie mehr, als es der leibliche Vater je tat.

Mit der Vaterschaftsanerkennung und seiner Erklärung, Arbeit zu haben, Unterhalt zu zahlen und das Sorgerecht für die Tochter gemeinsam mit der Kindesmutter auszuüben, hatte der Mandant alle Voraussetzungen für die Erteilung und Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis erfüllt. Genau dies hatte er dem Amt auch erklärt. Er war nicht verpflichtet, die ursprünglichen Beweggründe seiner Vaterschaftsanerkennung zu offenbaren. Er hatte nie behauptet, der biologische Vater zu sein.

Die anerkannte Vaterschaft hat grundsätzlich dieselben rechtlichen Wirkungen wie die biologische. Sie ist gerade dafür geschaffen wurden, nicht biologisch voneinander abstammenden Eltern und Kindern die Möglichkeit zu geben, als eine Familie zu leben. So auch die als Zeugin vernommene Kindesmutter. Sie war nach leidvollen Erfahrungen froh, nun einen Vater für ihre Tochter zu haben.

Erst im Jahre 2008 erfolgte eine Gesetzesänderung dahingehend, dass die zuständige Behörde berechtigt sein soll, die ausländerrechtliche Anerkennung zu verweigern, wenn damit offensichtlich nur die Einreise bzw. der Aufenthalt des Antragstellers bezweckt werde. Diese Regelung aber ist rein zivilrechtlicher Natur, verlangt eine vorherige Anfechtung der Vaterschaft durch die Behörde und hat vor allem keine strafrechtlichen Folgen – ungeachtet dessen, dass die Vorschrift im hiesigen Fall wegen des strafrechtlichen Rückwirkungsverbotes für die Vergangenheit nicht greift.

Die Hauptverhandlung verlief kontrovers. Die als Zeugin vernommene Vertreterin der Ausländerbehörde machte deutlich, dass es Ziel des Amtes, im Falle einer Verurteilung „den Aufenthalt des Mandanten in Deutschland unverzüglich zu beenden“.

Die tatsächlichen und rechtlichen Argumente des Verteidigers RA Andrej Klein überzeugten letztlich auch das Gericht und führten am 29.02.2012 zu einem Freispruch des Mandanten (Az.: 217 Cs 422 Js 13572/10).